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Halle 116

Das heute als „Halle 116“ bezeichnete Gebäude am westlichen Rand des heutigen „Sheridan-Parks“ wurde 1935–37 als Teil der Luftnachrichtenkaserne errichtet. Deren Aufgabe war es, per Funk den militärischen Luftverkehr zu koordinieren und ab 1943 auch vor feindlichen Luftangriffen zu warnen. In der Halle waren im Erdgeschoss eine Wartungshalle für Fahrzeuge unterbracht, Die Halle war im Wesentlichen eine Garage für Fahrzeuge. In den beiden Kopfbauten befanden sich militärische Dienststellen sowie eine zahnärztliche Untersuchungsstelle. Im ersten Stock waren – zumindest zeitweise – Rekruten während ihrer militärischen Grundausbildung untergebracht.

Nach der Zerstörung des KZ-Außenlagers Haunstetten im Rahmen der alliierten Luftangriffe im Frühjahr 1944 wurde dieses zunächst nach Gablingen, im Mai 1944 dann in die „Halle 116“ verlegt: Dazu wurden im Erdgeschoss durch Drahtzäune 8 Blöcke unterteilt und mit Mehrstockbetten ausgestattet. Im hinteren Bereich befanden sich noch Räume für Funktionshäftlinge. Das Gelände um die Halle wurde mit Stacheldraht abgesichert und von SS-Männern, später auch von älteren Luftwaffen-Soldaten bewacht.

In der Halle waren bis zu 2.000 Häftlinge unter einfachsten hygienischen Bedingungen untergebracht. Insgesamt durchliefen mehr als 4.000 Häftlinge das Lager. Viele wurden in weitere „Unterkommandos“ überstellt, so vor allem nach Bäumenheim, Lauingen und nach Leonberg bei Stuttgart, wo im Engelberg-Tunnel Tragflächen für Messerschmitt-Flugzeuge hergestellt wurden.

Die Häftlinge waren relativ jung, das Durchschnittsalter lag bei 28 Jahren. Die größte Häftlingsgruppe stellten die sowjetischen und polnischen Häftlinge, die als Kriegsgefangene bzw. als Zwangsarbeiter Regelverstöße begangen hatten und deshalb in ein KZ eingewiesen wurden. Es gab aber auch viele Häftlinge aus Frankreich sowie aus Slowenien und Italien. Viele Häftlinge waren in den nationalen Widerstandsbewegungen gegen die deutsche Besatzungsmacht aktiv gewesen, einige wurden aber auch nur als „Vergeltung“ verhaftet und in einem KZ interniert. So etwa eine Gruppe von Häftlingen aus Senones in den Vogesen, die als Vergeltung für einen Anschlag der Resistance verhaftetet wurden, oder eine Gruppe von Eisenbahnbeamten aus Ljubljana/ Laibach, die die Zusammenarbeit mit der deutschen Wehrmacht verweigerten. Die jüngsten Häftlinge war eine Gruppe ungarischer Roma im Alter zwischen 12 und 17 Jahren, die im November 1944 nach Augsburg überstellt wurden. Die meisten von ihnen wurden allerdings bereits im Januar 1945 als „ungeeignet“ nach Dachau zurückgebracht.

Unter den deutschen Häftlingen befanden sich kaum politische Häftlinge, sondern vor allem „Polizeilich Sicherungsverwahrte“ (PSV), die nach verbüßten Haftstrafen vorsorglich in ein KZ überweisen wurden, sowie sog. „Arbeitsscheue“ bzw. „Asoziale“, die dem „Arbeitszwang Reich“ (AZR) unterworfen waren. Die deutschen Häftlinge waren zudem in der Regel auch älter als die anderen.

Die Häftlinge mussten in 12-Stunden-Schichten bei den Messerschmitt-Werken arbeiten, die sie zu Fuß und teilweise auch mit der Augsburger Localbahn erreichten. Viele Häftlinge verfügten über Erfahrungen in der Metallverarbeitung (Schlosser, Dreher) oder in einem anderen Handwerk und entsprachen so dem Anforderungsprofil der Messerschmitt-Werke, das diese dem SS-Wirtschaftsverwaltungshauptamt übermittelt haben. Entsprechend der Qualifikation sollten die Messserschmitt-Werke auch „Entgelte“ an die SS entrichten: 6 RM/ Tag für Facharbeiter, 4 RM/ Tag für Hilfsarbeiter und 2 RM/ Tag für Jugendliche.

Gelegentlich wurden Häftlinge auch für andere Aufgaben „ausgeliehen“, vor allem zur Räumung von Straßen und Schienen.

 

Im KZ-Außenlager Pfersee selbst sind vor allem aufgrund der katastrophalen hygienischen Verhältnisse in Verbindung mit der harten Arbeit und der schlechten Verpflegung etwa 90 Häftlinge gestorben, die meisten an „Flecktyphus“, hinzu kommen mindestens 75 Häftlinge, die kurz nach ihrer Überstellung nach Dachau ebenfalls an „Flecktyphus“ gestorben sind. Im Lager selbst wurden mindestens 2 Häftlinge nach einem gescheiterten Fluchtversuch hingerichtet, nach Zeitzeugenberichten kam es zu weiteren 3 Hinrichtungen.

Mit dem Näherrücken der US-Army wurde mit der Evakuierung der Häftlinge begonnen: Ein Teil der Häftlinge wurde mit dem Zug Richtung Tirol abtransportiert, die meisten Häftlinge wurden aber zu einem „Evakuierungsmarsch“ gezwungen, der vermutlich am 23. April begann und über Bergheim, Burgwalden, Hardt bei Reinhartshausen und Waldberg nach Klimmach führte, insgesamt eine Wegstrecke von knapp 25 km. Dort wurden sie am 27. April von der US-Army befreit und am nächsten Tag nach Schwabmünchen gebracht. Wie viele Häftlinge auf diesen Evakuierungsmarsch getrieben wurden, ist unklar, die meisten Zeitzeugen sprechen von 1.200 Häftlingen, in Schwabmünchen wurden am 28. April 1945 aber lediglich nur knapp 500 Häftlinge registriert. Nachdem es auf dem Marsch anscheinend keine Erschießungen gab und auch nur wenige Häftlinge an Erschöpfung gestorben sind, liegt es daher nahe, von einer Gesamtzahl von etwa 600 Häftlingen auszugehen. Während des Marsches starben ein Häftling bei Bergheim, 3 bei Burgwalden und 2 in Klimmach, in der Folge starben im Krankenhaus Schwabmünchen mindestens weitere 25 Häftlinge, vor allem an Tuberkulose, Fleckfieber und Typhus. Diese wurden zunächst in einem Massengrab in Schwabmünchen bestattet, später dann auf den Soldatenfriedhof bei Schwabstadl umgebettet.

Nach 1945 übernahm die US-Army die Luftnachrichtenkaserne und gliederte sie später in den Gesamtkomplex „Sheridan-Kaserne“ ein. Die Fahrzeughalle, in dem sich das KZ-Außenlager befand, bekam nun die Nummer 116. Ob die US-Amerikaner von der Vergangenheit der Halle wussten oder sich nicht dafür interessierten, ist unklar. Jedenfalls nutzten sie das Gebäude wieder militärisch, ohne an die Vergangenheit zu erinnern. Zunächst diente die Halle wiederum als Fahrzeughalle, später wurden hier Werkstätten sowie im ersten Stock eine Bibliothek eingerichtet.

Dass sich auf dem Gelände ein KZ-Außenlager befunden hatte, wurde erst durch die Recherchen von Gernot Römer in den 1980er Jahren (wieder) bekannt, leichter zugänglich wurde die Halle erst mit dem Abzug der US-Army im Jahr 1998. Im Rahmen der Konversion des gesamten Kasernengeländes gelang es – vor allem auf Initiative der Bürgeraktion Pfersee – die Halle vor dem Abriss zu bewahren, doch ein tragfähiges Sanierungs- und Nutzungskonzept war jahrelang nicht in Sicht. Erst mit einem Konzept, das 2015 am Lehrstuhl von Prof. Dr. Gassert an der Universität Augsburg erarbeitet wurde, begann die Diskussion um die Nutzung der Halle erneut. Das sog. „Gassert-Konzept“ berücksichtigt sowohl die NS-Zeit als auch die Zeit der US-Präsenz in Augsburg mit dem Jahr 1945 als „Scharnier“ und schließt mit einem Ausblick auf die „Friedensstadt Augsburg“. Dieses Konzept wurde vom Stadtrat 2016 zur Leitlinie für die künftige Planung erklärt. 2019 wurde eine „Arbeitsgruppe“ zu deren Umsetzung eingerichtet. Ende 2019 wurde die Halle zudem von der Stadt gekauft.

Ende Oktober 2023 wurde die Übergangsausstellung in 3 Schotten der Halle eröffnet. Vgl. dazu www.halle116.de